Von Peter Schwerdtmann
Alle Slogans bergen ein Risiko. Zwei Automobilhersteller haben das besonders häufig erlebt. Toyota mit „Nichts ist unmöglich“ und Audi mit „Vorsprung durch Technik“. Besonders der Audi-Spruch formuliert auch einen Anspruch, an dem sich jedes neue Modell messen lassen muss, natürlich zuerst das Flaggschiff, der aktuelle Audi A8, der jetzt – frisch poliert – in die zweite Hälfte seines Modelzyklus startet.
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Für jede Top-Limousine kommt in diesen Tagen zum Maßnehmen am eigenen Anspruch der Vergleich mit der neuen S-Klasse aus Stuttgart. Länger ist der Audi A8 mit 5,14 Metern und 5,27 Metern schon mal, wenn auch nur zwei Zentimeter. Bei den Innenraummaßen muss man die Unterschiede suchen, und der Kofferraum ist bei beiden mit 510 Litern Volumen gleich. Beim Gewicht hat der A8 mit seiner Alu-Karosse trotz Allradantrieb die Nase vorn.
Beim Leichtbau setzen die Ingolstädter also den Maßstab. Aber in vielen anderen Disziplinen beginnt die Aufzählung oder Beschreibung mit dem entlarvenden Wörtchen auch: hat Audi jetzt auch, zum Beispiel das hervorheben von Wild auf oder neben der Fahrbahn beim Nachtsichtsystem. Drei große L beschreiben bei diesem Audi A8 den Vorsprung: eben L wie Leichtbau, L wie Licht und L wie Leder. Wobei das Leder in diesem Fall als Symbol für eine andere Philosophie beim Innenraumdesign herhalten muss.
Um Missverständnisse zu vermeiden, setze ich an dieser Stelle ein persönliches Statement: Ich mag den A8, sein Design, seine gelungene Mischung aus Dynamik und sportlicher Eleganz mit Luxus und Komfort in der Gestaltung und auch beim Fahrverhalten. Das alles finde ich auch beim Neuen. Aber es fehlt mir das alte Gefühl, in einem Trendsetter zu sitzen. Alles ist perfekt, aber eben nicht perfekter – wenn man mit diesen falschen Komparativ vergibt.
Das Gesicht hat mit den flacheren Scheinwerfern, dem breiter wirkenden Grill, dem neuen Stoßfänger und den zusätzlichen Sicken auf der Motorhaube ein paar neue und markante Akzente dazugewonnen. Die neuen Heckleuchten und die bei allen Modellversionen – außer dem Audi S8 – in zwei großen trapezförmigen Endrohren endenden Auspuffanlage setzen den Neuen nur dezent von seinem Vorgänger ab.
Bei den Benzin- und Diesel-Motoren hat man die Hausaufgaben erledigt. Jeweils drei Liter Hubraum und sechs Zylinder oder vier Liter Hubraum und acht Zylinder bringen bis zu 25 kW / 34 PS mehr Leistung und verbrauchen bis zu zehn Prozent weniger. Das Leistungsspektrum liegt zwischen 190 kW / 258 PS beim 3.0 TDI Clean Diesel und 383 kW / 520 PS beim S8. Beide Modelle markieren auch das Preisspektrum von 74 500 Euro bis 114 700 Euro. Zu diesem klassischen Angebot gesellen sich noch der Audi A8 W12 mit 6,3 Litern Hubraum und 368 kW / 500 PS und der Audi A8 Hybrid mit einer Systemleistung von 180 kW / 245 PS und Vorderradantrieb.
Kommen wir zum Stichwort „Leder“. Mit natürlichen Stoffen wie der Gerbsäure aus Erdbeerblättern verarbeitet soll das Leder mit dem Namen Unikat den Weg zurück zur Natur aufzeigen, den Audi als Trend gerade bei Käufern von Luxusmobilen ausgemacht haben will. Das Leder fasst sich sanft an, vergleichbar mit Wildleder. Das Bild eines damit bezogenen Sitzes wirkt weniger makellos und glatt als gewohnt, aber natürlicher. Passend zu dieser Philosophie bietet Audi für die Zierteile auch offenporiges Holz an. Wir empfanden die Sitze als angenehm und passend zu dem ansonsten makellosen und immer noch zeitlos schönen Design des Innenraums.
Das dritte L-Stichwort steht für den wesentlich wichtigeren Bereich von Licht und Sicht. Hier geht LED-Pionier Audi jetzt den nächsten Schritt mit der Option LED-Matrix-Licht. Der Rechner im Hintergrund kann bis zu acht entgegenkommende oder vorausfahrende Objekte erfassen und ausblenden, wenn man mit Fernlicht fährt. Selbst hat man also den Vorteil der guten Sicht durch Fernlicht und die anderen werden nicht geblendet. Dass die dafür einzeln anzusteuernden 25 Leuchtdioden auch noch die Kurve passend ausleuchten, ist dagegen schon fast eine Selbstverständlichkeit.
In dem insgesamt flacheren Scheinwerfer stecken auch die Leuchtdioden des Blinkers, der nicht nur ein- und ausgeschaltet wird. Beim A8 mit dem Matrix-Licht leuchtet die LED-Kette des Blinkers rasch nacheinander auf und zeigt so die gewünschte Richtung. Audi sieht da auch einen Sicherheitsvorteil, weil in der Dunkelheit keine Zweifel aufkommen können, wo der A8 hinwill. Auf jeden Fall beeindruckt der bewegte Blinker.
Noch zum Thema Sicht: Im A8 bietet jetzt Audi ein Head up-Display in der Serie. Auch sonst geben die Ingolstädter dem A8 eine umfangreiche Serienausstattung mit auf dem Weg. Viele Fahrer-Assistenzsysteme sind dabei. Der Rest findet sich in der umfangreichen Liste der Zusatzausstattung und der Individualisierungsmöglichkeiten. Und so bleibt uns zum Schluss nur festzuhalten: Der Audi A8 ist ein rundum beindruckendes Beispiel für die Fähigkeiten der deutschen Automobilindustrie, Spitzenprodukte auf die Räder zu stellen. Aber im Chor der deutschen Großen Drei hat er sich keinen Vorsprung erarbeiten können. (ampnet/Sm)
Audi A8 3.0 TDI Clean Diesel Quattro
Länge x Breite x Höhe (in m): 5,14 x 1,95 x 1,46
Motor: Sechs-Zylinder-Turbodiesel, 2967 ccm, Direkteinspritzung
Getriebe: Acht-Gang-Tiptronic, Doppelkupplungsgetriebe
Leistung: 190 kW / 258 PS bei 4000 – 4250 U/min
Maximales Drehmoment: 580 Nm bei 1750 – 2500 U/min
Beschleunigung vom 0 auf 100 km/h: 5,9 s
Kraftstoffverbrauch, Schnitt nach EU-Norm: 5,9 l
Kohlendioxidemissionen: 194 g/km, Effizienzklasse B. EU6
Leergewicht / Zuladung: 1955 kg / 615 kg
Maximale Anhängelast, gebremst: 2200 kg
Kofferraumvolumen: 520 l
Basispreis: 74 500 Euro