Von Axel F. Busse
Scheibchenweise lüftet BMW die Geheimnisse um das erste Elektroauto der Marke. Noch trägt der i3 Tarnkleidung, doch jetzt konnte die Fachpresse erste Testrunden mit dem Kompakt-Stromer drehen. Das Ergebnis: Fahrfreude ist keine Frage des Antriebskonzepts.
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Der Firma Apple ist es wohl zu danken, dass alles, was mit dem Buchstaben „i“ beginnt, nach High-Tech und Zukunft klingt. Doch beim BMW i3 stehen nicht Information oder Internet-Konnektivität im Vordergrund, sondern Abgasfreiheit und Umweltverträglichkeit. Fahrzeuge mit Stromantrieb bieten inzwischen bekanntlich auch andere Hersteller, doch BMW will ein Komplettpaket aus Lade-Logistik und ressourcen-schonender Herstellungsweise schnüren.
Auf dem firmeneigenen Testgelände in Maisach ließ der Münchner Autokonzern jetzt Fachjournalisten ans Steuer. Unverzichtbar, wie bei allen Vierrad-Produkten der Marke, ist die „Niere“ an der Front, nur mit dem Unterschied, dass die Chromringe beim i3 keine Öffnungen einfassen. Da kein Verbrenner gekühlt werden muss, bedarf es auch keiner Lufteinlässe. Vier Meter lang ist die Karosserie, die Form erinnert an einen Mini-Van. Innovativ wie der Antrieb ist das Türkonzept: Zwei gegenläufig öffnenden Klappen ermöglichen den Zustieg auf die hintere Sitzreihe – ähnlich wie beim Mini Clubman, der allerdings nur auf der rechten Fahrzeugseite eine Tür hat. Der vordere Wagenschlag überlappt den hinteren, so dass der nicht allein geöffnet werden kann. Die B-Säule ist Teil der hinteren Tür, in ihr ist auch der Mechanismus für die vorderen Sicherheitsgurte untergebracht.
Die aus Karbonteilen geklebte Karosserie ist zwar für den Nutzer nicht sichtbar, doch an anderer Stelle offenbart der i3 seine alternative Bauweise. Bastfasern werden mit Folie verpresst zu Türverkleidungen und deren Struktur können die Insassen sehen und fühlen. Jedes Bauteil, so heißt es, sei auf die Möglichkeit einer Gewichtsreduktion hin geprüft worden. Aluschrauben ersetzen Verbinder aus Stahl, die Mittelkonsole ist aus glasfaserverstärktem Kunststoff, der Instrumententräger aus Magnesium-Druckguss. Derart konsequent abgespeckt bringt es das fahrfertige Auto auf knapp 1200 Kilogramm.
Die Sitzposition ist angenehm hoch, bedingt durch die im Fahrzeugboden lagernde Batterie. Sie nimmt fast den gesamten Platz zwischen den Achsen ein, 2,57 Meter beträgt der Radstand. Der 230 kg schere Akku sorgt dafür, dass trotz der Fahrzeughöhe von 1,58 Metern ein niedriger Schwerpunkt erreicht wird. Das ist einem agilen Fahrgefühl bekanntlich sehr förderlich. Während der klassische BMW seinen Motor vorn und die Antriebsräder hinten hat, bricht der i3 auch mit dieser Tradition. Der Hybrid-Synchronmotor mit integrierter Leistungselektronik, Ladegerät und Generatorfunktion zur Rekuperation sitzt an der Hinterachse. Diese Bauweise, so Antriebsexperte Peter Küpper, garantiere in jeder Fahrsituation ausreichend Traktion.
Und es gibt tatsächlich genügend Kraft, die auf die Straße zu bringen ist. Dank einer Leistung von 125 kW und einem Drehmoment von 250 Newtonmetern, die ab der ersten Umdrehung nutzbar sind, kann sich der i3 als Sprinter präsentieren. Offiziell spricht BMW von 7,2 Sekunden für die Fahrt aus dem Stand auf 100 km/h. Wie vom Gummiband gezogen schnellt das Energiebündel nach vorn und verblüfft dabei durch akustische Zurückhaltung. Das an Straßenbahnbetrieb erinnernde Summen, das noch den Elektro-Mini auszeichnete, ist fast vollständig verschwunden. Ab etwa 60 km/h ist außer dem Abrollgeräusch der Leichtlaufreifen und dem Fahrtwind fast nichts zu hören. Das ist angenehm, darf in Japan aber nicht sein: Für den dortigen Markt muss ein Soundgenerator eingebaut werden, um die gesetzlichen Vorschriften nach einem Außengeräusch zu erfüllen.
Eines der wichtigsten Entwicklungsziele, so erläutert der Leiter der Produktlinie „i“, Peter Kranz, sei es gewesen, „Freude am Fahren zu gewährleisten“. Das, was sich BMW als typisches Merkmal seiner Produkte auf die Fahnen geschrieben hat, soll auch bei alternativen Antriebskonzepten nicht in den Hintergrund treten. Es bedurfte nur weniger Kilometer auf dem Testgelände, um zu bescheinigen: Das Ziel ist erreicht.
Zu den Hauptverantwortlichen für diesen Fahreindruck gehört die elektrisch unterstützte Lenkung. Sie ist ebenso präzise wie leichtgängig, vermittelt unmittelbaren Kontakt zur Fahrbahn und setzt Richtungsänderungen verzögerungsfrei und feinfühlig um. Auf dem Slalomkurs war gleichzeitig zu erleben, wie der niedrige Schwerpunkt die Fahreigenschaften beeinflusst. Die ausgewogene Gewichtverteilung ließ den i3 elegant um die Pylonen wedeln, ohne dass mit dem Lenkrad nachkorrigiert oder gar gegengehalten werden musste. Abrupte Spurwechsel, wie etwa beim „Elchtest“, können den i3 nicht aus der Ruhe bringen.
Mit wachsender Gewöhnung an den rausch- und ruckelfrei dahin gleitenden Viersitzer stellt sich der Fahrer auf eine weitere Eigenheit des flinken Stromers ein: Das Bremspedal wird zunehmend überflüssig. Um aus der Bewegungsenergie möglichst viel Strom zurück zu gewinnen, setzt die Rekuperation fast gleichzeitig mit dem Loslassen des Fahrpedals ein. Die sich daraus ergebende Verzögerung reicht aus, lang gezogene Kehren ohne vorherige Benutzung der Bremse anzuvisieren. Bei entsprechendem Tempo schreibt die vorbildliche Kurvenstabilität dem i3 weitere Pluspunkte auf Konto.
Im Alltag wird das Fahrzeug seine Insassen – zum Jahresende sollen die Auslieferungen beginnen – mit einer weiteren Fähigkeit erfreuen. Das 1,78 Meter breite E-Mobil ist äußerst wenig. Mit genau 9,86 Metern gibt BMW den Wendekreis an. Der Wagen verdankt dies der Tatsache, dass im Vorderteil der Karosserie viel Platz ist und keine Antriebsmechanik den Einschlag der Räder stört. Mit nur zweieinhalb Lenkradumdrehungen von Anschlag zu Anschlag nimmt ein i3 im ersten Anlauf spitzeste Kehren, bei denen zum Beispiel ein 1er-BMW den Rückwärtsgang bemühen muss.
Mit einer technischen Reichweite von 130 bis 160 km (im Eco Pro+ Modus bis 200 km) dürfte der i3 die meisten Transportbedürfnisse der Kunden auf Anhieb erledigen. Für Interessenten, die dennoch ihre Furcht, irgendwo mit leerer Batterie stehen zu bleiben, nicht loswerden können, wird BMW eine Version mit Reichweiten-Verlängerer („Range Extender“) anbieten. Im Heck des Wagens ist nämlich noch genügend Platz, um einen kleinen Verbrennungsmotor unterzubringen. Der von einem Motorrad-Aggregat abgeleitete Treibsatz wird dann zusätzlich Strom zum Laden der Batterie erzeugen. Gleichzeitig hat BMW mit dem Aufbau eines eigenen Netzes von Ladepunkten begonnen – 2500 sollen es zum Marktstart des i3 bundesweit sein. Die meisten Fahrzeuge werden aber wohl an der heimischen Steckdose aufgeladen. Das dauert bei entleertem Akku und 220 Volt Netzspannung rund acht Stunden. Eine andere Zahl behält der Hersteller aber weiterhin für sich: Den Preis des BMW i3. (ampnet/afb)