Nach dem Start in das automobile Messejahr auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas liegt mit Detroit bereits die zweite Automesse in Nordamerika hinter uns. In wenigen Wochen geht es weiter mit Chicago und Washington, DC, bevor dann im April in New York wieder eine internationale Messe auf dem Kalender steht.
In Las Vegas haben wie die Gelegenheit genutzt, uns bei Zulieferern und Entwicklungsdienstleistern umzusehen. Manuela Padapol, Marketingchefin der Firma Elektrobit und zuhause in Nordbayern und in Seattle, fasst die wichtigsten Trends beispielsweise so zusammen:
- Vorausschauende Navigation: Autos werden die Verhaltensmuster und Vorlieben der Fahrer erkennen. Wer auf dem Weg zur Arbeit gerne an einem bestimmten Café haltmacht, wird zuverlässig dort hingeführt. Und wenn der Sprit zur Neige geht, wird die bevorzugte Tankstelle angesteuert.
- Bessere Nutzung von Sprachfunktionen: Die Führung wird einfacher und natürlicher, etwa so: „Am roten Gebäude rechts, dann links beim Autohaus.“
- Internationale Kompatibilität: Geschäftsreisende überschreiten ständig die Staatsgrenzen, die Elektronik muss mitziehen – ohne Zusatzaufwand und exorbitante Kosten.
- Halbautonomes und autonomes Fahren: Auch wenn es Enthusiasten bei dem Gedanken graust: Diese Technik wird sich durchsetzen. Und vielen Menschen vielleicht sogar die Freunde am Auto zurückgeben.
Während sich die CES in Las Vegas naturgemäß vor allem Entwicklungen in der Elektronik verschrieb, wurde die Messe in Detroit einige Tage später zum Mekka der Gusseisernen. Einige Notizen:
– Audi kann mehr. Die Studie Allroad Shooting Brake, die in den wichtigsten Zügen die nächste Generation des TT vorwegnahm, wirkte statisch und uninspiriert. Der neue Audi-Chefdesigner Marc Lichte hat alle Hände voll zu tun, zunächst aber muss er die längst fertigen Modelle A4 und Q7 vorstellen und verteidigen. Höchst innovativ ist allerdings die TT-Armaturentafel mit konfigurierbarem TFT-Bildschirm, der den bisher für unabdingbar gehaltenen Zentralbildschirm überflüssig macht. Damit können die Armaturentafeln und Mittelkonsolen wieder schlanker werden.
– Volvo wird eigenständig. Konzeptionell ist die Volvo-Studie Concept XC Coupe dem Audi Allroad Shooting Brake nicht unähnlich, die Umsetzung dagegen ist weit überlegen. Der Wagenkörper ist perfekt skulpturiert, Details wie die schlanken Rückleuchten sind von großer Raffinesse. Die Kombination von Weiß-metallic mit einem pastelligen Hellgrau ist diskret und effektvoll. Volvo-Chefdesigner Thomas Ingenlath war auch einmal bei Audi. Mit diesem Modell hat er seine Ex-Kollegen deklassiert.
– Maybach kommt wieder. Das kommende Spitzenmodell der S-Klasse, das Ende des Jahres vorgestellt wird und vor allem auf den chinesischen Markt zielt, hört erneut auf die Traditionsbezeichnung, von der man sich im vergangenen Jahr eigentlich verabschiedet hatte. Diesmal allerdings wird Maybach zur Modellbezeichnung, nicht zur Marke.
– Die Modelloffensive von VW muss warten. Noch zwei Jahre wird es dauern, bis der von VW-Chef Martin Winterkorn bestätigte, siebensitzige Crossover-SUV auf den Markt kommt. Und auch die nächste Generation des Phaeton ist noch nicht fertig. Eigentlich sollte eine Studie auf der Messe in Detroit stehen, doch der Konzern will sich doch noch etwas Zeit lassen. Das Auto wird Maßstäbe setzen.
– Der Reichtum an Designthemen scheint endlich. Jedenfalls drängt sich dieser Eindruck auf, wenn man die Kia-Studie GT4 Stinger in Augenschein nimmt. Denn vor mehr als acht Jahren gab es bereits eine ähnliche Studie: Den Volkswagen Eco Racer, der im Herbst 2005 auf der Automesse in Tokio präsentiert wurde.
– Targa geht auch anders. Porsche hat die Bezeichnung Targa für das herausnehmbare Dachmittelteil patentiert, der neue 911 Targa entfernt sich allerdings weit von den Ursprüngen. Zwar ist das klassische Design zurückgekehrt, diesmal basiert der Targa allerdings auf dem Cabrio. Per Knopfdruck hebt sich die gesamte hintere Dachkuppel, der Bügel klappt auf, und surrend legt sich das Mittelteil hinter den Fondsitzen ab. Das Mehrgewicht gegenüber dem Carrera 4 Coupé liegt bei stolzen 110 Kilogramm, und selbst gegenüber dem Cabriolet sind noch 40 Extra-Kilogramm zu verbuchen. Von bestechener Einfachheit ist demgegenüber das aus Kohlefaser-Verbundstoff gefertigte Targadach (das nicht mehr so heißen darf) der Corvette Z06. Es ist händisch leicht zu bedienen und senkt das Gewicht des amerikanischen Supersportwagens weiter ab.
– Die Mercedes-Formensprache nimmt Gestalt an. Die C-Klasse präsentiert sich als kleine S-Klasse – mit einem überlegenen Interieur. Am anderen Ende des Spektrums steht das S-Klasse Coupé kurz vor der Markteinführung, und der kommende AMG GT dürfte weitere Zweifler überzeugen.
– Die Elektromobilität stagniert. Die Luft scheint heraus aus der E-Mobilität, alternative Antriebe spielen auf der Messe in Detroit eine Nebenrolle. Vielleicht behält der legendäre Motorenentwickler Professor Fritz Indra recht, der einen 20-Jahres-Zyklus identifiziert hat, in dem der Öffentlichkeit die E-Mobilität als leuchtendes Konzept der Zukunft präsentiert wird. Einstweilen würde es schon helfen, wenn Elektroautos „klimafreundlicher“ würden. Die Herstellung eines Batteriepacks des Tesla Model S zum Beispiel induziert CO2-Emissionen, die über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs nicht mehr eingespart werden können. Sogar dann, wenn der Strom „alternativ“ erzeugt wird. (ampnet/jm) Jens Meiners