Man darf sich streiten: Ist der Chevrolet Volt ein Elektroauto mit Reichweitenverlängerer (Range Extender) oder letztendlich doch nichts anderes als ein Plug-in-Hybrid wie der Toyota Prius Plug-in? Im Prinzip gilt auch letzteres, doch es gibt einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen dem Amerikaner und dem Japaner: Beim Chevrolet arbeitet der zusätzliche Benzinmotor nicht als direktes Antriebsaggregat für die Achse, sondern als Generator für den nach wie vor auf die Räder wirkenden Elektromotor.
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Versprochen wird eine Reichweite im reinen Elektrobetrieb von rund 80 Kilometern. Uns zeigt das Display trotz Vollaufladung über Nacht leider erst einmal nur 49 Kilometer an.
Die gefälligen Anzeigen könnten durchaus auch gerne in Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb übernommen werden. Dazu gehört beispielsweise das „Ecometer“ in Form eines grünen Balls, der bei ökonomischer Fahrweise in der Mitte in einem Kreis bleibt. Beim Beschleunigen „hüpft“ er nach oben, wird kleiner, wechselt die Farbe von grün nach gelb und verliert seine Blättersymbole. Warum das im umgekehrten Fall allerdings genauso funktioniert, verwundert dann doch etwas, denn schließlich gewinnt der Volt beim Bremsen Energie.
Erfreulich leicht und intuitiv zu bedienen ist der Bildschirm im Hauptinstrument. Die verschiedenen Anzeigefunktionen (Strecke A, Strecke B, Navigation und Riefendruckkontrolle) lassen sich über einen Drehknopf satellitenförmig wechseln, wobei schon vorher links und rechts zu sehen ist, welcher Menüpunkt als nächster kommt.
Hervorragend gelöst ist auch die Anzeige für den Batterie- und Benzinbetrieb. Je nachdem in welchem Modus gerade gefahren wird, tritt das entsprechende Symbol in den Vordergrund. Es wird stets die aktuelle Gesamtreichweite angezeigt und im E-Betrieb im Hintergrund auch noch, für wie viele Kilometer der Kraftstoff noch reicht.
Die Steuerung von Klimaanlage, Radio und Infotainment sowie Sitzheizung befindet sich auf einer gemeinsamen Bedienoberfläche in der Mittelkonsole mit jeweils darunter verborgenen Schaltern. Es ist mit sage und schreibe 29 Funktionseinheiten allerdings sehr unübersichtlich. Das darüber liegende Zentraldisplay informiert unter anderem über den aktuellen Betriebszustand und gibt die Zeit an, wann das Fahrzeug zum letzten Mal geladen wurde, sowie die allgemeinen Nutzungsdaten. So lassen sich Strom- und Benzinverbrauch für die gerade zurückgelegte Strecke und den bisherigen Lebenszyklus des Volt abrufen, oder aber, ob die Klimaanlage optimal eingestellt war. Es kann beispielsweise aber auch festgelegt werden, ob der Fahrer nach jedem Ausschalten ans Laden erinnert werden soll oder in Abhängigkeit von seiner geplanten Abfahrtzeiten, ob immer sofort die Batterie angeschlossen werden soll oder nur beim günstigsten Stromtarif.
Auf Dauer etwas nervig ist ein „Wusch“-Laut, der ertönt, wenn der Elektro-Chevy fahrbereit ist oder abgeschaltet wird – ein angesichts der Lautlosigkeit von Elektrofahrzeugen im Stillstand eigentlich sinnvolles Element. In französischer Manier befindet sich am linken Lenkradhebel eine zweite (leisere) Hupe, um im Stadtverkehr bei noch recht niedrigen Abrollgeräuschen Passanten im Bedarfsfall dezent auf das herannahende Auto aufmerksam zu machen.
Der Chevrolet Volt bietet vier Einzelsitze und eine nach hinten durchgehende Mittelkonsole. Durchschnittseuropäer stoßen sich trotz des früh abfallenden Daches erstaunlicherweise im Fond nicht den Kopf an der riesigen Heckklappe. Allerdings fehlt in der Lücke zwischen den beiden Rücksitzen eine Trennwand zum Gepäckabteil. Die Kofferraumkapazität ist durchaus akzeptabel und reicht auch für den Einkauf im Getränkemarkt. Die Lehnen lassen sich zudem umklappen.
Der Chevrolet Volt bietet vier Fahrmodi: Normal, Sport und Gebirge sowie auch die Option auf reinen Benzinbetrieb. Dann heißt der Modus merkwürdigerweise „Halten“, womit vielleicht gemeint sein könnte, den Ladezustand der Batterie zu halten. Mit einem anschwellenden Summen beschleunigt der Volt angesichts des sofort zur Verfügung stehenden Drehmoments von 370 Newtonmetern und 110 kW / 150 PS sehr zügig. Das leise Gleiten führt leicht dazu, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit unbeabsichtigt überschritten wird. Die Lenkung arbeitet präzise, der Federungskomfort ist für ein amerikanisches Auto ungewöhnlich europäisch straff.
Nach 4444 Kilometer hatte unser Testwagen laut Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 4,0 Litern hinter sich. Dieser Wert kann sich mehr als sehen lasen. Die ganze Elektro-Herrlichkeit ist allerdings vorbei, sobald es über längere Strecken geht. Immerhin 46 Kilometer legte unser Testwagen auf der Autobahn mit Richtgeschwindigkeit 130 km/h zurück.
Der Wechsel von Strom- auf Benzinbetrieb vollzieht sich so gut wie unbemerkt, wobei es naturgemäß etwas lauter zugeht, wenn der 1,4-Liter-Benziner seine Arbeit als Generator für den E-Motor aufnimmt. Er brummt sonor beim Beschleunigen und ist wenig temperamentvoll. Dann ist es mit der Elektroherrlichkeit auch vorbei. Nach 350 Kilometern Autobahnfahrt mit Reichweitenverlängerer nannte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 6,8 Liter. Bei der Lebensdauer waren es statt 4,0 Liter zum Beginn der Reise nun 4,7 Liter – auch das kann sich für ein Fahrzeug dieser Größenordnung immer noch sehen lassen.
Nein, ein Elektroauto – wie er gerne verkauft wird – ist der Volt in unseren Augen nicht, sondern ein Plug-in-Hybrid, bei dem ein Elektromotor dem Benzinfahrzeug ermöglicht, eine gewisse Strecke – in diesem Fall immerhin gut und gerne 50 Kilometer – rein elektrisch zurückzulegen. (ampnet/jri)
Von Jens Riedel
Technische Daten: Chevrolet Volt
Länge x Breite x Höhe (m): 4,50 x 1,79 x 1,43
Motor (Range Extender): Vierzylinder-Benziner, 1398 ccm
Elektro-Antriebsmotor: 111 kW / 150 PS
Max. Drehmoment: 370 Nm ab 1 U/min
Elektrische Reichweite: 40 bis 80 km
Gesamtreichweite: rund 500 km
Höchstgeschwindigkeit: 161 km/h
Batterie: Lithiumionen-Batterie, 16 kWh, 198 kg
Kofferraumvolumen: 310 – 1005 Liter
Räder / Reifen: 7J x 17 / 215/55 R 17
Cw-Wert: 0,28
Basispreis: 42 950 Euro