Von Hans-Robert Richarz
„Als Raubritter bezeichnet man diejenigen Angehörigen des ritterlichen Standes, die sich durch Straßenraub und Plünderungszüge bereicherten“, so definiert das Internetlexikon Wikipedia jene wilden Gesellen, die im Spätmittelalter braven Bürgern auflauerten und sie um den größten Teil ihrer Habe erleichterten. Besonders geblüht haben muss das Raubrittertum am Rhein zwischen Mainz und Koblenz – zumindest sind dort heute noch zahlreiche Burgen jener bösen Buben mit den klappernden Rüstungen erhalten geblieben.
Die Raubritterburgen von heute stehen in Berlin. Eine von ihnen trägt die Adresse Invalidenstraße 44, und am Eingang lesen Besucher das Schild „Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur“. Dessen Hausherr, der Diplomsoziologe Alexander Dobrindt, steht zur Zeit zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Schäuble mitten in den Vorbereitungen für einen groß angelegten Straßenraub namens Pkw-Maut.
„Mit mir wird es keine Maut geben“, hatte Kanzlerin Angela Merkel noch vor der Wahl versprochen, und auch Minister Dobrindt hatte versichert, deutsche Autofahrer würden von der Pkw-Maut nicht belastet. Doch das Haltbarkeitsdatum beider Ankündigungen scheint inzwischen längst abgelaufen zu sein.
Jetzt enthüllte die Süddeutsche Zeitung, dass die Maut-Planungen der Bundesregierung weit in die Zukunft reichen, denn im Gesetz wird es heißen: „Künftige Änderungen der Infrastrukturabgabe erfolgen losgelöst von der Kraftfahrzeugsteuer.“ Die Zeitung schrieb: „Es bleibt zwar dabei, dass die deutschen Autofahrer zum Start der Pkw-Maut über die Kfz-Steuer entlastet werden. Sollte die Maut aber eines Tages teurer werden, müssten sie das mitbezahlen.“
Umgehend kam aus dem Verkehrsministerium das Dementi. „Der Koalitionsvertrag wird eingehalten“, war zu hören. „Es wird keine Mehrbelastung der deutschen Autofahrer geben.“ Es hieß aber auch: „“Bei Infrastrukturabgabe und Kfz-Steuer handelt es sich um zwei getrennte Systeme, die unabhängig voneinander existieren.“ Damit sollen die Bedenken der EU ausgeräumt werden.
Und wenn nach der nächsten Wahl eine andere Koalition das Sagen hat und der zur Zeit geltende Koalitionsvertrag ins Altpapier wandert?
In der jüngsten sonntäglichen Talkrunde von Günther Jauch, in der es um das Thema ging „Bekommt der Staat denn nie genug?“ und die eigentlich den Fortbestand des Solidaritätszuschlags zum Gegenstand hatte, meinte stern-Redakteur Hans-Ulrich Jörges angesichts chronisch knapper öffentlicher Kassen, er würde wetten, dass nach der Bundestagswahl 2017 auch deutsche Autofahrer für die Straßenbenutzung bezahlen müssten.
Ich würde nicht dagegen wetten. (ampnet/hrr)