Deutschland hat heute die Kommission und das Europaparlament ausgebremst. Nicht heute, sondern erst im Herbst wird über die neuen Abgasgrenzwerte von Personenwagen entschieden werden. Niemand sollte sich darüber vorschnell beklagen, sondern sich erst einmal einen Blick zurück gestatten. Der wird zeigen, dass Grenzwerte von den Mitgliedsstaaten gern auch als Hebel der Industriepolitik eingesetzt werden.
Von Peter Schwerdtmann
Auch beim jetzigen Beschluss des EU-Parlaments über den Kohlendioxid-Ausstoß der Autos von Morgen beschleicht einen der Eindruck, hier könne einmal mehr von einigen Mitgliedsstaaten industriepolitisch gedacht worden sein. Italiener und Franzosen bauen überwiegend kleine Autos. Die würden die Grenzwerte erreichen. Die deutschen Hersteller mit ihren Mittelklasse-Fahrzeugen und den im Schnitt größeren Klassen hätten es da schon schwerer,
Schon öfter in der Vergangenheit brach sich in der EU gerade in Umweltregeln für Automobile die Meinung Bahn, wenn es uns schon nichts nutzt, darf es den deutschen Herstellern ruhig schaden. Verständlich angesichts einer Situation, wo sich Fiat seine Gewinne aus den USA von Chrysler holen muss und die französischen Hersteller darum ringen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen, während die deutschen Hersteller Geld verdienen.
Es wird bis zum Herbst darum gehen, in Brüssel und Straßburg die Einsicht zu erreichen, dass man nicht immer das Auto ins Visier nehmen muss, wenn umweltpolitischen Erfolg wünscht. Die gesamte europäische Automobilindustrie hat sich in Sachen Umweltschonung eine weltweite Spitzenposition erarbeitet, allen voran die deutschen Hersteller. Niemand bestreitet heute noch ernsthaft, dass dieser Weg fortgesetzt werden muss. Es geht um das richtige Maß.
Das richtige Maß Otmar Lell von der Verbraucherzentrale Bundesverband offenbar verloren, wenn er dem „Spiegel“ gegenüber sagt: „Die Bundesregierung hat …deutlich gemacht, dass sie die Geschäftsstrategien von BMW und Mercedes über das Verbraucherinteresse stellt.“ Der Verbraucher will bezahlbare individuelle Mobilität auch von Mercedes und BMW. Er will keine überdimensionierte Preissteigerung wegen überteuerter Technik. Auf jeden Fall muss er eine erfolgreiche deutsche Automobilindustrie wollen, damit wir es uns auch in Zukunft noch leisten können, über Experten wie Lell zu diskutieren. (ampnet/Sm)