Wer auf der Autobahn aussteigt, um den Blechschaden nach einem Auffahrunfall zu begutachten, hat als Geschädigter eines daraufhin folgenden Unfalls eine Mitschuld zu tragen. Die Autobahn darf man nur im äußersten Notfall betreten, betonte das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Urteil und gab einem Kläger eine Teilschuld von 20 Prozent (1 U 136/12).
Wie die Deutsche Anwaltshotline berichtet, musste ein Audi auf der Autobahn aufgrund eines Staus abbremsen. Der nachfolgende Nissan fuhr ihm deswegen hinten auf. Beide Fahrzeuge hielten auf der mittleren Spur und die Beteiligten stiegen aus, um den Schaden zu begutachten. Während sich aber der Beifahrer des Audi zwischen den beiden Pkw befand, löste sich der Stau auf und ein VW knallte nahezu ungebremst mit einer Geschwindigkeit von circa 160 km/h auf den stehenden Nissan. Dadurch wurde der Beifahrer eingequetscht, trug schwere Verletzungen davon und ist seitdem zu 100 Prozent erwerbsunfähig und schwerbehindert.
Der Geschädigte verklagte den VW-Fahrer daraufhin auf Schmerzensgeld. Dieser bestritt zwar nicht, mit der hohen Geschwindigkeit den Unfall grob fahrlässig mitverursacht zu haben, da der Kläger aber verbotenerweise die Autobahn betreten hatte, habe er durch seine Unachtsamkeit ebenso grob fahrlässig gehandelt und sich dadurch selbst in Gefahr gebracht. Daher wollte er höchstens die Hälfte der Unfallschuld anerkennen.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab dem Geschädigten nur zum Teil recht. Denn ein Blechschaden zu begutachten berechtige keine Ausnahme vom Verbot, die Autobahn zu betreten. Dies sei lediglich in Notsituationen gestattet, wie etwa einer Hilfeleistung. Die Hälfte der Unfallschuld treffe ihn dadurch aber noch nicht. Die Richter berücksichtigten sein Mitverschulden zu 20 Prozent. (ampnet/nic)